Shiatsu & Nervensystem
- verenawessel
- Nov 7
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Updated: Nov 21
Und darüber, ob wir jetzt alle ständig reguliert sein müssen?

Unser Nervensystem ist ständig in Bewegung. Es reagiert auf Reize, auf Erwartungen, auf Geschwindigkeit, auf Umgebung, auf Beziehung. Oft sind wir so sehr im Modus des Funktionierens, in einer Schnelllebigkeit, dass unser Körper kaum mehr Gelegenheit hat, wirklich durchzuatmen, innezuhalten, inne zu spürem. Shiatsu kann hier zu einer Art Erinnerungsraum werden, ein Ort, an dem das Nervensystem vielleicht wieder spürt, dass es sicher ist (langsam zu sein).
Berührung ist die erste Form der Kommunikation und eine der ältesten Formen von Regulation. Noch bevor wir denken oder sprechen können, kommunizieren wir über Haut, Druck, Wärme. Eine achtsame Berührung kann dem Körper signalisieren: du bist sicher. Und genau diese Botschaft ist die Grundlage jeder Entspannung.
Im Shiatsu geschieht Regulation nicht über Worte, sondern über Präsenz. Über Hände, die zuhören, statt etwas zu machen. Wenn der Körper gespürt wird, darf das Nervensystem sich neu sortieren. Der Atem vertieft sich, Muskeln geben nach, der Puls wird ruhiger. Es entsteht Raum zwischen Reiz und Reaktion. Die Kapazität von uns als Mensch sein, uns als Mensch spüren mit allem weitet sich,
In der Neurophysiologie spricht man oft vom Vagusnerv, dem großen Ruhe- und Regenerationsnerv. Er ist unser inneres Bremssystem, das helfen kann, Stress abzubauen und Sicherheit zu spüren. Durch die sanfte, rhythmische Berührung im Shiatsu kann dieser Teil des Nervensystems angesprochen werden. Nicht, weil etwas getan wird, sondern weil die Art der Berührung ruhig, gleichmäßig, präsent ist und so den Körper an ein Gefühl von Geborgenheit erinnern kann. Berührung die dich meint und nichts von dir will.
Erst wenn sich der Körper sicher fühlt, kann er loslassen. Darum ist Shiatsu keine Technik, die etwas durchsetzt, kein umzu, sondern eine Einladung. Ein Raum, in dem das Nervensystem selbst entscheidet, wann es entspannen, wann es sich öffnen möchte. Diese tiefe Sicherheit ist es, die nachhaltige Veränderung ermöglichen kann, nicht Druck, sondern Resonanz.
In einer Gesellschaft, die Schnelligkeit oft mit Erfolg verwechselt, kann Shiatsu eine leise Gegenbewegung sein. Es lädt ein, zu entschleunigen, zu spüren, zu lauschen. Nicht mehr ständig etwas leisten zu müssen, sondern einfach wieder zu sein. Und genau darin liegt die Regeneration des Nervensystems: nicht im Tun, sondern im Sein.
Doch bei aller Begeisterung für das Thema Regulation stellt sich eine wichtige Frage: Müssen wir wirklich immer reguliert sein?
In einer Zeit, in der das Wort "Regulation" fast schon ein Versprechen geworden ist oder etwas was wir vermeintlich immer anstreben sollten, lohnt es sich, dies zu reflektieren oder zu hinterfragen. Wir sprechen so oft davon, unser Nervensystem zu beruhigen, in Balance zu bringen, in Sicherheit zu halten, als wäre das der einzig wünschenswerte Zustand. Doch Leben ist nicht gleichmäßig, nicht linear, nicht immer sicher. Es schwingt, es pulsiert, es zieht sich zusammen und weitet sich wieder. Wenn wir nur noch darauf achten, ruhig und reguliert zu bleiben, verlieren wir vielleicht ein Stück Lebendigkeit und erlauben uns nicht unseren vollen Ausdruck, unterdrücken etwas oder machen Regulation als ultimates Dauerziel, was noch mehr Druck kreieren kann.
Auch Aufregung, Unruhe, Spannung, manchmal sogar Überforderung, sind Teil eines lebendigen Nervensystems. Sie zeigen, dass da Bewegung ist, dass etwas in uns antwortet auf das, was geschieht. Shiatsu will diesen Ausdruck nicht wegmachen. Es will ihn nicht glätten oder in eine vermeintliche Ruhe zwingen. Es lädt vielmehr ein, die feinen Übergänge zu spüren und zu spüren wann etwas zu viel wird, wann etwas nach Entladung ruft, wann Stille sich von selbst einstellt.
Regulation ist kein Ziel, das wir erreichen müssen. Sie ist eine Bewegung, die von Moment zu Moment neu geschieht. Und manchmal bedeutet sie, tief zu atmen und loszulassen. Manchmal aber auch, Energie zuzulassen, die sich zeigen will, ohne sie sofort beruhigen zu müssen.
Shiatsu ist für mich kein Werkzeug, um jemanden zu regulieren, kein umzu. Es ist eine Praxis des Daseins, mit allem, was sich zeigt. Das Nervensystem darf sich entspannen, darf sich regen, darf sich neu ordnen. Nicht um richtig zu sein, sondern um echt zu sein.
In meiner Praxis in Hamburg Othmarschen begleite ich Menschen, deren Nervensystem nach Entlastung, Ruhe und Verbindung sucht. Shiatsu kann ein Anker sein, ein Moment der Erinnerung: Ich bin hier. Ich atme. Ich lebe.
Mehr zu meiner Arbeit mit Shiatsu kannst du hier lesen.





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